März - 2021 - Illustration - Kolumne - Hecke - Vögel - Franks kleiner Garten

WENN DER NACHBAR EINEN VOGEL HAT…

Die Hecke wird zum Neubaugebiet, das Blumenbeet zur Landebahn und der Rasen zum Trainingslager: In meinem kleinen Garten geht es in diesen Tagen wieder richtig rund. Kein Wunder – der Frühling hat uns endlich erwischt. Zwar viel zu früh, aber er ist angekommen. Das ist nicht mehr zu verleugnen. Das hat Folgen. Wie es sich damit gelassen leben lässt und man trotz dessen ein entspanntes Mittagsschläfchen halten kann, haben mein Golden Retriever Bruno und ich erst einmal lernen müssen.

 

Bruno – Hecke – Heckenschnitt - Franks kleiner Garten
Egal, ob große oder kleine Hecke – Bruno ist immer dabei. Die große Hecke wird übrigens ab dem 1. März nicht mehr geschnitten, der Buchs bekommt Ende des Monats seinen Grobschnitt verpasst. Foto: frankskleinergarten.de

 

 

„Ich habe einen Vogel“, erklärt mir erst vor wenigen Tagen mein Nachbar. Einsicht ist immerhin der beste Weg zur Besserung, denke ich mir. Aber er meint natürlich nicht seinen Geisteszustand, wie ich fälschlicher Weise mit einem verstehenden Lächeln annehme, sondern lediglich das hektische Gewusel in seiner Kirschlorbeerhecke. „Vielleicht sind es mittlerweile auch zwei, drei oder mehr. Wahnsinn, was da drinnen los ist,“ sagt er und nickt dabei mit dem Kopf in Richtung Hecke. Recht hat er! Immerhin hat die Paarungs- und Nestbauzeit begonnen. Es wird geflattert, geflirtet und geschnäbelt, was die Jahreszeit hergibt. So manches Männchen plustert sich auf, nicht wenige Weibchen zeigen ihnen dabei die kalte Schulter. Das kommt manchem bestimmt bekannt vor, oder?

Handelt es sich bei meiner Buchenhecke um eine bevorzugte Wohngegend?

Wer seinen Partner schließlich gefunden hat, der legt los. Auch in meiner Buchenhecke. Dort reiht sich mittlerweile Baustelle an Baustelle. Eigenheimplaner hüpfen hektisch von Zweig zu Zweig und wieder zurück, Vati und Mutti schleppen fleißig Baumaterial herbei und hysterische Deko-Queens verteidigen mit schrillen Tönen ihr Kunstwerk. Das alles nur, damit der gefiederte Nachwuchs es einmal nicht nur gut, sondern besser hat. Von meiner Terrasse aus lassen sich die Großbaustelle und die damit verbundenen Bauherrndramen ziemlich ungeniert beobachten. Bei einer Tasse Ostfriesentee stelle ich mir nun die Frage, ob denn die Wohnungsnot im Wald nebenan so groß ist, dass die Piepmätze sich in meinem Garten um den Bauplatz prügeln müssen? Oder handelt es sich bei meiner Buchenhecke und Nachbars Kirschlorbeer um eine bevorzugte Wohngegend? Egal – jeder von ihnen ist mehr als nur willkommen.

 

Bruno verfolgt das frühlingshafte Treiben in der Hecke und den Beeten mit gebührendem Abstand. Foto: frankskleinergarten.de

 

 

Während das Federvieh fleißig seine Nester baut, döst Bruno in stabiler Seitenlage in der Frühlingssonne. Nur hin und wieder hebt er noch den Kopf und schaut nach dem Treiben in der Hecke – ansonsten lässt ihn der alljährliche Bauboom mittlerweile kalt. Das war allerdings auch mal anders. Als junger Hüpfer stand er nahezu täglich schwanzwedelnd vor der Hecke. Dann feuerte er die fleißigen Piepmätze auch noch mit dem einen oder anderen Wuff an. Und landete einmal einer von ihnen auf dem Rasen, tapste Bruno fröhlich zu ihm hinüber und versuchte Freundschaft zu schließen. Leider immer vergeblich. Das fand er gar nicht schön. Vielleicht ist ihm deswegen der ganze Zinnober heute so egal.

Sie mögen es beschaulich und ruhig. Am liebsten wären sie ungestört.

Nach wenigen Tagen wird’s übrigens wieder ruhiger in meinem kleinen Garten. Jetzt möchte die eingezogene Piepmatz-Gemeinde beschaulich residieren und sich auf den Nachwuchs konzentrieren. Von Lärmbelästigung halten meine neuen Mitbewohner in diesen Tagen und Wochen gar nichts. Von Schnittarbeiten vor ihrem Nest erst recht nichts. „Das ist ganz wichtig, dass Du darauf Rücksicht nimmst. Ganz fix hast Du nämlich das Elternpaar mit der Heckenschere vertrieben und ihre Jungen verhungern elendig im Nest. Darum ist ab dem 1. März erst einmal Schluss mit dem Hecke schneiden“, erklärte mir TV-Liebling Saskia Vester, als ich mich vor einigen Jahren schlau machte. Das und noch mehr Tipps von Saskia Vester findest Du in meinem Buch „Stars in Gummistiefeln – Die Gartentricks der Prominenten“.

 

Terrasse - Hortensien - Hydrangea - Sommer - Franks kleiner Garten
Von der Terrasse aus lässt sich nicht nur der Gartengenießen, auch das wilde Familienleben der Piepmätze lässt sich von hier gut beobachten. Foto: frankskleinergarten.de

 

 

Ist der Nachwuchs flügge, wird der Garten zum Trainingslager. Flugstunde folgt auf Flugstunde. Egal, ob Beet oder Rasen – geübt wird überall. Amsel, Sperling, Kohlmeise und Co. nehmen meinen kleinen Garten nun in Beschlag. Voll und ganz. Von vorne bis hinten. Kein Problem. Selbst Bruno nimmt Rücksicht. Wir ziehen uns auf die Terrasse zurück. Unter die schattige Markise. Dort ist es ohnehin angenehmer. In Anbetracht der Tatsache, dass es unseren einheimischen Vögeln immer schlechter geht, überlassen wir ihnen gerne das Übungsgelände. Viele haben immerhin ihren natürlichen Lebensraum verloren, andere sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Und sollten wir das familiäre Treiben doch einmal stören, ernten wir böse Blicke und wüstes Gezwitscher. Zu Recht. Also lassen wir sie einfach machen. Ganz nach dem Motto: Mein Garten ist euer Garten.

Ist der Nachwuchs flügge, wird der Garten zu  Trainingsgelände

Groß ist die Freude, wenn Mutti und Vati sich nach ihrem ersten Gastspiel dazu entschließen in der folgenden Saison es noch einmal in meiner Hecke zu probieren. Ich könnte schwören, dass es mittlerweile vier oder fünf Pärchen gibt, die jeden Frühling aufs Neue bei Bruno und mir vorbeischauen. Noch schöner ist es, wenn der Nachwuchs diese Tradition fortsetzt. So wie die Amseln. Sie kommen immer wieder. Und zum Dank trällern sie am Abend ein Liedchen auf meinem Dach. In solchen Momenten läuft mein Herz vor Glück über und selbst Bruno genießt diese Stimmung mit einem tiefen Seufzer. „Ja, ich glaube auch – wenn sie sich so richtig wohlfühlen und im Winter genügend Futter finden, kommen sie immer wieder“, bestätigt mein Nachbar bei einer Tasse Ostfriesentee auf der Terrasse. Und ich erwidere grinsend: „Dann habe ich ja auch einen Vogel oder zwei, drei, vier. Dann hätten wir endlich etwas gemeinsam…“

 

 

Schreibe einen Kommentar

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich habe die Erklärung gelesen und stimme der Verarbeitung meiner Daten zu.